Unsere Geschichte
Die Geschichte vom FC Turgi
FC Turgi - die Legende beim Wasserschloss (Bericht vom 75-Jahr-Jubiläum 1994)
Im Jahr 1919, ein Jahr nach dem Ende des 1. Weltkrieges, fanden sich einige junge Burschen und Männer zusammen und gründeten den Fussballclub Turgi. Der denkwürdige Gründungsakt fand im Restaurant Fankhauser, die jetzige Traube, statt. In den ersten Vorstand wurden gewählt:
Paul Lehmann (Präsident), Ernst Vogelsang-Stamm (Vizepräsident), Adolf Rehmann (Aktuar), Anton Binkert (Kassier), Karl Wiedemeier (Beisitzer) und Josef Weber (Kapitän).
Damals wie heute: Sportplatzprobleme
Viele Dinge ändern sich nie, so zum Beispiel der ewige Kampf un den geeigneten Sportplatz. Zahlreich sind die Platznamen, auf denen sich der junge Verein in den Anfangsjahren tummelte: Holzmatte ob Turgi, Reutenen in Windisch, Hölzli in Untersiggenthal. Für drei, vier Jahre - bis 1923 - konnte schliesslich dank eines grossen Entgegenkommens des Fabrikanten W. Straub-Egloff in den Weichlen gespielt werden, dort wo heute die katholische Kirche steht. Dann gelang dem Vorstand ein "Jahrhundertwurf". Mit der finanziellen Unterstützung des Gemeindeammanns Benz und des Metzgermeisters Binkert konnte von Herrn D. Umbricht in Ennetturgi dessen Platz "Steig" gepachtet werden. Die Steig blieb für 35 Jahre die Heimat des sich nun stark entwickelnden FC Turgi. Wer erinnert sich noch der Tore auf der Steig, die mit einem Drahtkasten anstelle des heute üblichen Netzes versehen waren? Oder der alten Holztribüne und den eigenartigen Gerüchen, die den darunter liegenden Garderoben nach Spielen jeweils entströmten? Eine Mischung aus Schweiss, Tee, Bohnerwachs, Leder und irgendwelchen Massageölen ergab einen betörenden und manchmal auch abstossenden Geruch zugleich. Vielleicht lag es daran, dass auf der Steig für die gegnerischen Mannschaften selten etwas zu holen war.
Es gab auch Irritationen für den FC Turgi selbst. Irgendwann in den vierziger Jahren, man spielte schon in der 2. Liga, stand kurz vor Anpfiff eines Spieles der Verpächter Dominik Umbricht auf dem Platz und verlangte vor dem Anpfiff eine Anzahlung an die Pacht von Fr. 5.--. Ohne diese Anzahlung würde er das Spiel nicht durchführen lassen. Zeitzeugen beteuerten dass die 12 Mann der Mannschaft die Fr. 5.-- nur ganz knapp zusammenbrachten.
Trotzdem, der FC Turgi entwickelte sich langsam aber stetig zu einem der angesehensten und besten Vereine des Aarg. Fussballverban-des. Bereits 1941 - also mitten im 2. Weltkrieg - gründete der FC Turgi eine eigenständige Juniorenabteilung! Der Fussall hatte eine kontinuierliche Entwicklung in der ganzen Schweiz zu verzeichnen. Sogar die Schulen und die politischen Institutionen nahmen die "verrückten Kerle, die allen einem Ball herrennen" langsam ernst. Man erkannte den Wert der sportlichen Ertüchtigung, des im Fussball vermittelten Teamgeistes und der sinnvollen Freizeitbeschäftigung für die Jugendlichen.
Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des weitblickenden Gemeinderates von Turgi mit dem damaligen Vorstand führte 1958 zum Bau einer für die Zeit grosszügigen Sportanlage. 1959 konnte der Steigacker mit modernen Umkleidekabinen, sehr gepflegtem Rasen und modernster Beleuchtung eingeweiht werden. Er ist seither Dreh- und Angelpunkt unseres Vereins.
Für die positive Entwicklung jeder Organisation - Firma, Gemeinde oder Fussballclub - ist eine gute Infrastruktur absolute Bedingung. Auf dem besseren Kartoffelacker Weichlen spielten unsere Vorfahren noch in der 4. Liga. Mit dem Bezug der Steig konnte der Aufstieg zuerst in die 3. danach sogar in die 2. Liga realisiert werden. Mit der neuen Sportanlage Steigacker erreichten die Erfolge der ersten Mannschaft des FC Turgi vorläufige Höhepunkte. Mehrere Male wurde der FC Turgi Aarg. 2. Liga-Meister und schaffte dreimal den Aufstieg in die 1. Liga, wo insgesamt 5 Saisons gespielt wurden. Noch heute (1994) - lange Jahre nach den letzten grossen Erfolgen - ist der FC Turgi auf dem 6. Platz der ewigen Rangliste der Aarg. 2. Liga plaziert.
Diese Erfolge führten aber auch - die andere Seite der Medaille - zu einem sehr starken Anstieg der aktiv spielenden Mitglieder (Junioren, Aktive, Senioren und Veteranen). Über 200 Spieler oder 13 Mannschaften teilen sich heute einen Trainingsplatz und einen Wettkampfplatz. Die von der Natur diktierte knappe Benützungskapazität der Plätze - auch ein Rasen braucht Ruhepausen - zwingt den Vorstand zu laufenden "Contre-Coeur"-Entscheiden: Faire Aufteilung der knappen Trainingszeiten auf alle 13 Mannschaften oder erste Priorität für das Aushängeschild 1. Mannschaft? Zwar konnte der FC Turgi vor einigen Jahren den Sportplatz Steigacker mit der Infrastruktur von der Gemeinde im Baurecht übernehmen. Damit konnten auf eigene Kosten zusätzliche Garderoben und ein gemütliches Club-Lokal gebaut werden. Allerdings reisst der Unterhalt der zwei Spielplätze Jahr für Jahr gewaltige Löcher in die Vereinskasse, trotz eines Unterhaltsbeitrages der Gemeinde. Dies alles wäre halb so schlimm, wenn nur ein oder zwei zusätzliche Trainingsplätze gefunden werden könnten.......Der Kampf um genügend Sportplätze wird daher wohl weitergehen.
Sportliche Höhepunkte
Schon in den allerersten Jahren des Bestehens soll der FC Turgi erfolgreich um Spitzenpositionen der damaligen 4. Liga mitgerungen haben. Erster sportlicher Höhepunkt aber war der Gewinn des Aargauer Cups 1931 gegen den damaligen 3. Ligisten FC Buchs, der mit 3:1 Toren geschlagen wurde. Die Fussballgeographische Trennlinie war in diesen Jahren irgendwo zwischen Brugg und Baden angelegt. So spielte der FC Turgi mal in der Zürcher-Gruppe, dann wieder in der Aargauer. In beiden Gruppen belegte die Mannschaft in den Jahren 1930 - 1936 immer wieder Spitzenplätze, bis im Jahre 1937 endlich der Aufstieg in die 3. Liga geschafft wurde. Zwei Siege über Ticinese Zürich mit 5:1 auswärts und 3:1 zu Hause führten zu diesem ersten Aufstieg 18 Jahre nach der Gründung.
Die folgenden Jahre waren geprägt durch den zweiten Weltkrieg, Anbauschlacht, Aktivdienst - die Steig wurde allerdings verschont - und die Mühe einen geregelten Spielbetrieb aufrechtzuhalten. Mitten im Krieg 1942/43 schied Turgi im Schweizer Cup erst gegen Luzern auf eigenem Platz nach einer 1:0 Führung mit 1:2 aus. Kaum waren die Kriegswirren vorbei und das Leben wieder einigermassen in normalen Bahnen gebracht, setzte die 1. Mannschaft zum nächsten Sprung an. In der Saison 1946/47 hatte Turgi mit Mattei Quinto einen Torhüter von ganz grosser Klasse. Mit zur Hauptsache spielerischen Mitteln, weniger Kampf - so die Zeitzeugen - erreichte die Mannschaft souverän die Gruppenmeisterschaft und mit einem 1:1 und 3:2 gegen Trimbach den Aufstieg in die 2. Liga. Der Empfang in Turgi muss überwältigend gewesen sein, mit Musik, Ansprachen, Freibier usw. Der FC Turgi war nun für die nächsten 34 Jahre bis 1980 immer mindestens ein Zweitligaclub.
Schon im ersten Jahr der 2. Liga-Zugehörigkeit 1947/48 holte sich Turgi erneut die Gruppenmeisterschaft. Zum Durchmarsch in die 1. Liga reichte es allerdings nicht. Beide Spiele gegen Delsberg gingen knapp verloren. Legendär und in fröhlichen Runden immer wieder kolportiert muss die Härte des Trainers Renato Casali gewesen sein, der die 1. Mannschaft Ende der vierziger Anfang der fünziger Jahre führte. Mit diesem Trainer etablierte sich Turgi in den Folgejahren als starke 2. Liga-Mannschaft mit der gefürchteten Steig und der berühmten Holztribüne als nahezu uneinnehmbare Festung. So schrieb der Verein gesamtschweizerische Cupgeschichte in der Saison 1952/53. Nach 5 Siegen gegen 3. und 2. Liga-Vereine wurde der FC Derendingen (1. Liga) ausgebotet, danach der FC Old Boys (ebenfalls 1. Liga). Dieses Spiel figurierte auf dem Sport-Toto-Zettel. Turgi war der einzige im Cup verbliebene Aargauer Verein und der letzte Vertreter der 2. Liga-Clubs der Schweiz!! Am nächsten Gegner dem FC Grenchen (NLA) scheiterte die Mannschaft dann deutlich. 1954 konnten auch Meisterschafts-Früchte geerntet werden, als die 2. Liga Gruppenmeisterschaft im Entscheidungsspiel gegen Wohlen mit 2:1 gewonnen wurde. Das erste der Aufstiegsspiele in die 1. Liga wurde zwar gegen Losone hoch mit 10:2 gewonnen, das zweite gegen Birsfelden aber mit 1:2 verloren. Der Aufstiegstraum war erneut geplatzt. Der Vorstand aber war überhaupt nicht unglücklich: Finanziell wäre die 1. Liga mit den weiten Reisen kaum tragbar gewesen.
Die sportlich erfolgreichsten Jahre aber standen dem Verein erst noch bevor. Der Bezug des Schmuckkästchen Steigacker - für viele Jahre einer der schönsten Fussballplätze im Kanton - das Glück einige Jahrgänge an hervorragend talentierten Spielern im Verein zu haben und nicht zuletzt starke Präsidenten waren die Gründe für 20 Jahre anhaltenden Erfolg.
Es ist unmöglich all die Erfolge in den sechziger und siebziger Jahren angemessen zu würdigen. Für einen reinen Amateur-Club waren sie allerdings erstaunlich.
Mit Trainer Charly Mützenberg wurde 1964 die Aarg. 2 Liga-Meisterschaft errungen und gleich der Aufstieg in die 1. Liga geschafft. Zwar stieg die junge Mannschaft sofort wieder ab, aber nur um mit dem neuen Trainer Othmar Lerchmüller 1968 und 1969 wieder die Meisterschaft zu holen. Beide Male scheiterte man in den Aufstiegsspielen knapp.
Dazwischen - 1966 - schrieb Turgi wieder mal Cup-Geschichte. Nacheinander wurden Zurzach, Fislisbach, Turicum, Zofingen und Buchs geschlagen. Der nächste Gegner, unser Nachbar Baden (NLB), wurde auf dem Steigacker vor etwa 2000 Zuschauern (!) mit 2:1 nach Hause geschickt. Am 11. Dezember 1966 verlor Turgi gegen den FC Lugano in Lugano mit 4:0. Die Niederlage gegen Koryphäen wie Prosperi, Luttrop, Brenna, Coduri usw. war allerdings ehrenvoll. Unser Torhüter K. Zimmermann wurde am Tag danach vom Fachblatt Sport in die Mannschaft der Woche zusammen mit Blättler, Kuhn, Odermatt usw. gewählt.
1970 nun mit Trainer Brenner wurde zum dritten Mal nacheinander (!) die 2. Liga-Meisterschaft geholt und mit denkwürdigen Siegen gegen Ballspielclub und Uster der Aufstieg in die 1. Liga erreicht. Die Mannschaft des Jahres 1970 darf vermutlich als die Beste bezeichnet werden, die der FC Turgi je hatte.
Die folgenden 3 Saisons spielte die 1. Mannschaft unseres Vereins in der 1. Liga mit ansprechendem Erfolg. 1973 musste zwar wieder abgestiegen werden, und das mit dem ehemaligen Nationalspieler Stettler, aber nur um 1976 und 1977 mit Trainer H. Voser wieder die 2. Liga-Meisterschaft zu gewinnen und in die 1. Liga aufzusteigen.
Mit dem sofortigen Abstieg in die 2. Liga 1978 und gar in die 3. Liga 1979 war und ist die Zeit der grossen sportlichen Erfolge vorläufig vorbei. Zwar konnte 1981 mit Trainer Sveto Trbojevic und 1986 mit Trainer F. Strasser nochmals für 2 bzw. 1 Jahr in die 2. Liga aufgestiegen werden. Seither ist der FC Turgi ein gestandener 3. Liga-Verein und muss im Jubiläumsjahr 1994 sogar gegen den Abstieg in die 4. Liga ankämpfen.
Köpfe, Köpfe, Köpfe.....
Die Uebeschrift ist durchaus zweideutig gemeint, einmal im Sinne von visionär, intelligent, vorausschauend, aber auch im Sinne von stur, autoritär, durchsetzungsfähig.
Der FC Turgi hatte das grosse Glück, immer wieder Männer für die Vorstandsarbeit gewinnen zu können, auf die die vorerwähnten Attribute zutrafen. Für all die Männer, die sich während den 75 Jahren für den FC Turgi eingesetzt, ihre Freitzeit geopfert und sicherlich viele Male ihre Ehe riskiert haben, sollen stellvertretend zwei Männer herausgehoben werden:
Karl Hofer und Hans Killer. Zusammen prägten sie während vielen Jahren den Fussballclub Turgi. Karl Hofer, 25 Jahre im Vorstand, davon 9 Jahre bis 1969 als Präsident, Hans Killer während 30 Jahren als Spikopräsident. Fast selbstverständlich erscheint es, dass in der Amtszeit dieser Männer die grössten Erfolge des FC Turgi realisiert werden konnten.
Aussenstehende können kaum ermessen, was es heisst, einen Fussballclub mit über 200 aktiven Mitgliedern und 13 Mannschaften zu führen. Woche für Woche Trainingspläne erstellen, die Wettspiele organisieren, Reisen, Versicherungs-, Trainerfragen, Schiedsrichterwesen, Finanzprobleme, usw. Es ist eine Sisyphus-Arbeit die nur ausführen kann, wer von tiefer Liebe zum Fussball und zum Umgang mit jungen Menschen erfüllt ist. Deshalb an dieser Stelle allen ehemaligen, jetzigen und zukünftigen Vorstandsmitgliedern ein herzliches Dankeschön.
Der FC Turgi als gesellschaftliche Institution
Ein Verein wie der FC Turgi erfüllt mehr denn je eine wichtige gesellschafts-politische Aufgabe. Der jugendliche Fussballspieler lernt die Teamarbeit, lernt gemeinsam mit anderen Ziele zu erreichen, lernt sich in eine Gruppe zu integrieren und auch sich in der Gruppe zu behaupten. Im Zeitalter des ausgeprägten und vielfach gefährlichen Individualismus und der zunehmenden Vereinsamung des Einzelnen eine ungeheuer wichtige Funktion. Jugendlichen wird nicht nur körperliche Ertüchtigung, sondern vorallem eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung geboten. Der junge Mensch sucht immer eine Gruppe Gleichgesinnter, in der er sich geborgen fühlt. Es ist besser, er findet diese Gruppe auf dem Fussballplatz, als auf dem Platzspitz!!
Aber auch die Integrationskraft eines Fussballclubs ist sehr hoch. Alleine beim FC Turgi werden gegenwärtig 8 verschiedene Sprachen gesprochen. Die laufende Integration unserer ausländischen Mitbürger ist zwar immer wieder ein beliebtes Thema unserer Politiker. Praktisch umgesetzt wird der Anspruch aber fast ausschliesslich von Sportvereinen und hier besonders von Fussballclubs.
Die nächsten 25 Jahre
Als grösster Verein der näheren Umgebung ist der FC Turgi aus dem kulturellen und sportlichen Freizeitangebot der Region nicht mehr wegzudenken. Er ist integriert, dank einer Vielzahl von Gönnern und Passivmitgliedern finanziell gesund und geniesst in weiten Kreisen einen hervorragenden Ruf. So gesehen könnte der Verein mit Zuversicht dem 100-Jahr-Jubiläum entgegensehen.
Leider ist aber der Verein nicht nur von einer guten, engagierten und seriösen Führung und grosszügigen Sponsoren und Gönnern abhängig, sondern - zumindest alle 30 bis 40 Jahre - auch vom Wohlwollen der öffentlichen Hand. Dann nämlich, wenn die Infrastruktur dem Wachstum und der Konkurrenz der umliegenden Gemeinden angepasst werden müsste.
Leider wird die gegenseitige Abhängigkeit zwischen einer erfolgreichen 1. Mannschaft als Aushängeschild und der entsprechenden Anzahl Junioren immer wieder unterschätzt. Will der Verein seiner Hauptaufgabe, Jugendliche von der Strasse wegzuholen, nachkommen, ist eine Infrastruktur notwendig, die es der 1. Mannschaft erlaubt, zumindest in der 3. Liga, wenn nicht sogar in der 2. Liga, eine gute Rolle zu spielen. Damit kann dem Jugendlichen die notwendige sportliche Chance geboten werden, ohne die er schwer zu motivieren ist.
Mit 200 aktiven Mitgliedern, davon 120 Junioren, 13 Mannschaften und nur 2 Spielfeldern ist dies schlicht unmöglich. Aus diesem Grunde ein Aufruf an die umliegenden Gemeinden sich mit dem Vorstand des FC Turgi zusammenzusetzen und nach Lösungen für das prekäre Spielfeldproblem zu suchen.